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KOBUDO – ART 003 – Sai, der Dreizack

Sai, der Dreizack

Das Sai ist aus Eisen und hat ein Gewicht von ca. 0,5 -0,75 kg. Die Länge der Waffe beträgt beim Kobudo ca. 45 – 55 cm, in Abhängigkeit von der Armlänge des Benutzers über den die Spitze etwas hinausragen soll. Es hat einen dickeren Schaft, der zum Ende hin spitz zuläuft. Eine Handbreit vom dickeren Ende entfernt treten zwei geschwungene Gabeln als Handschutz hervor, die spitz zulaufen. Bei den Sai gibt es unterschiedliche Formen des Schaftes. Die runde sowie die achteckige Form sind am meisten verbreitet.

Das Sai zählt zu den Hieb- und Stichwaffen und kommt mit großer Wahrscheinlichkeit nicht aus dem Umfeld der Bauern- oder Fischereiwerkzeuge. Der Umgang mit dieser Waffe wird in den verschiedensten Kampfkünsten, wie Wushu, Silat  oder Kalarippayat gelehrt. Das macht es unmöglich die Waffe als reine Kobudo-Waffe zu deklarieren.

Die Zacken sollten so geformt sein, dass eine Eigenverletzung eher ausgeschlossen wird. Die Form des Bogens der Gabel und die Länge sind hier entscheidend.

Ebenso ist es günstig beim Ein- und Ausklappen der Waffe, wenn kein Leerraum zwischen Hand und der Gabel vorhanden ist. Das sichere und weniger anstrengende Führen der Waffe wird damit unterstützt.

Die Waffe wird entweder (aufgeklappt) am stumpfen Schaftende oder (eingeklappt) zwischen einer Gabel und Schaft gehalten. Durch das Hin- und Herwechseln zwischen diesen beiden Griffen kann die Reichweite und die Art der Nutzung der Waffe mit geringem Aufwand schnell geändert

werden.

Die Gabeln schützen die Hände. Die Waffe ist robuster als viele Klingen. Schläge und Stöße können mit dem Schaft und den Gabeln pariert werden. Es ist sogar ein Einklemmen der gegnerischen Waffe möglich. Neben dem Zufügen von Stichverletzungen und Brüchen aufgrund eines Hiebes wird die Waffe auch zum Brechen von Klingen eingesetzt. Solche Anwendungen wie das Zerbrechen von Klingen sind heute jedoch eher hypothetischer Natur, da das Tragen längeren Klingenwaffen nicht mehr erlaubt und nicht mehr üblich ist.

Eingeklappt bietet das Sai weniger Schutz als das Tonfa. Nur der untere Schaftanteil schützt etwas den Unterarm. Je nachdem aus welcher Richtung ein Schlag erfolgt muss der Arm mit dem Schaft ausgerichtet werden. Blocktechniken mit eingeklappten Sai gegen schwere Waffen sind aus diesem Grund für mich eher unwahrscheinlich. Es ist wahrscheinlicher, dass die Waffe vor dem Gegner versteckt oder bei sehr kurzen Distanzen mit dem stumpfen Schaftende zugestoßen wird.

Wenn ich beispielsweise einen freieren Übungskampf mit Sai gegen ein Shinai (Bambusschwert aus dem Kendo) ausprobiere war die sinnvollste Methode die Sai aufgeklappt zu lassen. So konnte ich am ehesten mich gegen das „Schwert“ behaupten. Wenn Verteidigung und Angriff umgleichen Moment erfolgen, war die Sai dem Shinai überlegen. Die Verteidigung erfolgt dabei oft durch eine Bewegungseinschränkung der gegnerischen Waffe.

Eine weitere Möglichkeit, das Sai anzuwenden, ist es zu werfen. Beinchen Kata wird eine dritte

Sai im Gürtel mitgeführt um nach einem Wurf wieder eine Sai zur Verfügung zu haben. Beim Training in Sporthallen ist das Üben dieser Technik leider nicht möglich, da der Boden mit Sicherheit beschädigt werden würde. Aus diesem Grund wird der Wurf eines Sai nur symbolisch durchgeführt.

Die Eigengefährdung durch die Waffe ist höher als beim Tonfa. Das Gewicht der Waffe und die Spitzen an Schaft und Gabeln können leichter Verletzungen verursachen. Ich habe mir zum Beispiel beim Zurückziehen der Waffe an die Hüfte die Spitze der Gabel in meine Seite gerammt. Es war anfangs schwierig die Hand nicht wie beim Karate üblich zu drehen. Ebenso ist das Einklappen der Waffe gefährlich, da die Spitze des Schaftes gegen den eigenen Körper gerichtet wird. Fällt einem die Waffe aus der Hand sollte der eignen Fuß auf jedem Fall in Sicherheit gebracht werden. Es empfiehlt sich von Anfang an die Waffenführung bezüglich der möglichen Eigengefährdung zu optimieren. Ist das Sai ausgeklappt zeigen die Spitzen der Waffe immer weg vom eigenen Körber. Dies ist besonders im Kopfbereich wichtig. Das Sai wird nur dann eingeklappt, wenn der Arm lang ist.

Die Fremdgefährdung ist ebenfalls höher als beim Tonfa. Selbst leichte Schläge mit dem Sai führen aufgrund des Gewichts und der Form der Waffe schneller zu Verletzungen beim Partner. 

Autor … Gerhard Scheuriker

KOBUDO – ART 003

KOBUDO – ART 002 – Tonfa, der Schlagstock mit Quergriff

Tonfa, der Schlagstock mit Quergriff

Das Tonfa (auch Tuifa oder Tongwa genannt) besteht aus einem langen Schaft, der in etwa die Länge des Unterarms und der offenen Hand hat (ca. 37 – 50 cm) und einem runden Griff mit Knauf der senkrecht in den langen Schaft, eine Handbreit vom Anfang, eingelassen ist. Der Griff sollte an die Breite der Handfläche angepasst sein. Dadurch und mit der Form und Größe des Knaufs wird das Führen der Waffe erleichtert. Die Verbindung des Griffs mit dem Schaft stellt neben der Holzart das wichtigste Qualitätskriterium dar. Dort treten die größten Kräfte auf. Die einfachste Verbindung ist ein rundes Loch mit einem Querstift. Fertigungstechnisch aufwendig ist ein rechteckiger Zapfen am Griff der mit genauer Passung und Keilen in der Aussparung am Schaft verklemmt wird. Ein sehr guter Kompromiss in puncto Haltbarkeit und Fertigungsaufwand bietet eine Dübel Lösung. Hierbei wird die fertigungstechnisch einfache runde Verbindung um zwei Frontaldübel erweitert.

Es gibt drei grundlegende Formen des Schaftes: rund, halbrund und viereckig. Die runde Form hat sich für mich am meisten bewährt. Gerade wenn Holzwaffen aufeinandertreffen splittern die runden Formen weniger. Natürlich hat die Härte und Dichte des Holzes einen großen Anteil an dem Funktionserhalt der Waffe. Deswegen eignen sich nur Harthölzer, vor allem wenn der Gedanke sich gegen ein Schwert behaupten zu wollen miteingebracht wird.

Die Bauform der Waffe bietet einige Möglichkeiten der Anwendung. Es können sich die Arme, sowie in den waffenlosen Kampfkünsten, unabhängig

voneinander bewegen. Der Unterarm kann damit ohne große Verletzungen einem Angriff mit einem Knüppel standhalten. Die Enden der Waffe verstärken enorm die Kraftübertragung bei Stößen. Kurze und mittlere Distanzen können durch das Ein- und Ausdrehen der Waffe einfach bedient werden. Zu den Möglichkeiten der Deckung, den Block-, Schlag- und Stoßtechniken kommen die Schwingtechniken hinzu. Die Rotationsgeschwindigkeit ist deutlich höher als bei einem reinen Schlag, was zu einer größeren Zerstörungskraft führt.

Im Kobudo werden meistens zwei Tonfa benutzt. Damit bietet sich die Möglichkeit aus der Deckung bzw. der Abwehr heraus gleichzeitig einen Angriff ausführen zu können. Auch wenn motorisch das Gleichzeitigkeitsprinzip schwierig ist bietet es gegenüber dem Wechselprinzip einen wichtigen Zeitvorteil.

Damit der Schaft des Tonfa am Unterarm anliegt, wird das Handgelenk auf der Kleinfingerseite etwas gebeugt. Somit verrutscht der Schaft bei Abwehrtechniken und Stößen weniger und die Schutzfunktion bzw. der Druckpunkt bleibt vollständig erhalten. Wenn die lange Seite des Schaftes vor der Faust ist, muss bei Stößen noch mehr auf eine passende Handhaltung geachtet werden. Es empfehlen sich hier durch empirische Versuche, beispielsweise beim Stoßen gegen eine Matte, die passende Haltung zu erfahren. Neben dem Führen der Waffe am Griff, kann diese auch am Ende des Schaftes gehalten werden. Dadurch kann das Tonfa wie ein Hammer verwendet werden. Ebenso kann mit dem Griff ein Körperteil oder eine gegnerische Waffe weggedrückt bzw.

herangezogen werden.

Woher die Waffe ursprünglich stammt, wie sie ihren Weg in die Kampfkunst Kobudo gefunden hat und ob die ursprüngliche Verwendung für den manuellen Antrieb eines Mühlensteins konzipiert war spielt für die aktuelle Bauform und Nutzung der Waffe keine Rolle mehr. Wenn wir vergleichsweise das „Tonfa“ der Polizei anschauen unterscheidet dich dieses in einigen Punkten. Das Material ist Aluminium oder ein spezieller Kunststoff. Es hat einen deutlich längeren Schaft. Es wird im Einsatz nur eine Tonfa geführt. Überwiegend soll dabei das eine Tonfa mit beiden Händen kontrolliert werden. Schwünge sollen nur gegen Arme und Beine eingesetzt werden, da die körperliche Unversehrtheit der Angreifer eine Vorgabe bei polizeilichen Einsätzen ist. Wie man daran leicht erkennen kann bestimmt der Zweck deutlich den Aufbau einer Waffe.

Die Eigengefährdung ist etwas höher als beim Bo. Bei Schwüngen kann sich leicht gegen den eigenen Unterarm geschlagen oder beim Zurückziehen der Waffe in den Körper gerammt werden. Die Waffe ist jedoch stumpf und aus Holz, das lässt Verletzungen gering ausfallen.

Die Fremdgefährdung empfinde ich höher als beim Umgang mit einem Bo. Die Distanzen sind kürzer und die Kanten vom Ende des Schaftes können bei den knochigen Körperbereichen wie Hände oder Kopf einfach Verletzungen erzeugen.

Autor … Gerhard Scheuriker

KOBUDO – ART 002

KOBUDO – ART 001 – Bo, der lange Stock

Bo, der lange Stock

Der Stock ist eine schlichte Waffe aus Holz. Im Okinawa Kobudo ist die gängigste Länge ca. 1,82 m. Korrekt bezeichnet wäre es damit ein Roku-shaku-bo. Shaku ist ein Längenmaß welches einer Länge von ca. 30 cm entspricht und roku ist die Zahl 6. Mit der Anzahl von Shaku werden alle diversen Längen von Stöcken unter anderem in den verschiedenen Kampfkünsten aus Japan und Okinawa beschrieben. Es gibt auch noch Bezeichnungen wie Han-bo (halber Stock) Welcher dann einer Länge von 91 cm entspricht.

Die Länge des Stocks steht in Abhängigkeit zum Verwendungszweck. Um beispielsweise jemanden vom Pferd zu stoßen eignet sich ein 4 Meter langer Stock besser als einer der nur 2 Meter lang ist. Während in kleineren Räumen ein 1,20 Meter Stock Vorteile gegenüber einem 1,82 Meter Stock hat, weil hier eher ein Nahkampf wahrscheinlich ist. Im Training mit tradierten Übungen hat sich gezeigt, dass der Stock den eigenen Kopf um 10 bis 20 cm überragen sollte. Ich empfehle generell die Waffe an die eigenen körperlichen Gegebenheiten, im Falle des Bo an die Körpergröße anzupassen.

Damit der Stock bei schwingenden Bewegungen sich günstiger verhält sind die Stockenden konisch ausgeführt. Bei Harthölzern ist der Durchmesser mittig ca. 3 cm und an den Enden ca. 2,5 cm. Zu Trainingszwecken werden gerne auch Materialien wie Rattan verwendet. Diese sind jedoch nicht konisch und aufgrund von benötigter Stabilität auch etwas dicker. Dafür brechen diese aufgrund ihrer Flexibilität nicht so leicht wie harte Hölzer.

Die heute übliche runde Form war früher nicht so leicht herzustellen. Deshalb gibt es sicherlich auch sechs- oder achteckige Stöcke. Weniger Ecken würden das Greifen erschweren und bei Belastung durch Schläge die eignen Hände eher verletzen. Aufgrund der heutigen Fertigungsmethoden und der optimalen Verteilung der Kräfte hat sich der runde Stock eher durchgesetzt.

Ein Stock war sehr wahrscheinlich als Gehhilfe, beim Tragen von Lasten (Tenbi) oder beim Nutzen von Flößen oder Booten in Verwendung.

Dass man mit langen Gegenständen einen sicheren Abstand zu bedrohlichen Lebewesen aufbauen kann ist sicherlich kein besonderes Wissen, das über geheime Kanäle verbreitet wurde. Aus diesem Grund ist die Nutzung eines Stockes zum Kampf naheliegend und deshalb auch sehr verbreitet auf der Welt.

Ein Stock kann im Angriff zum Stoßen und Schlagen verwendet werden. Die Verteidigung beruht eher auf der Deckung, dem Beibehalten einer großen Distanz zum Gegner und zu guter Letzt auch dem Abwehren von Angriffen. Hierin spiegelt sich die grundlegende Strategie mit dem Bo wieder. Wir bieten wenig Angriffsfläche an und passen auf, dass der Gegner uns nicht zu nahekommt und vor allem nicht unsere Waffe blockieren bzw. festhalten kann.

Das Entwaffnen ist eine wichtiger Ansatz Gefahren im Kampf zu mindern. Aus diesem Grund werden unsere Hände und Arme auch immer im Fokus eines Angriffs stehen. Die Arme so zu positionieren, dass diese schwierig zu treffen sind ist eine der notwendigen Deckungsarbeiten.

Das zu Nahekommen verhindern wir indem die Bo Spitze immer in Richtung Gegner zeigt. Es ist wichtig den Gegner quasi damit zu bedrohen damit es ihm schwer fällt die Distanz zu verkürzen.

Sobald äußere Kräfte auf die eigne Waffe einwirken sollten ungewollte Richtungsänderungen der eignen Waffe zu keiner Verletzung bei uns führen. Aus diesem Grund wird die Waffe immer so geführt bzw. in Bereitschaft gehalten, dass eine Eigenverletzung vermieden wird. Der Bo wird deshalb mit zwei Händen gehalten und wenn irgend möglich berührt dieser einen dritten Punkt am Körper.

Einen Stock schnell um die eigene Hand drehen zu lassen zeigt sicherlich, dass diese Person Erfahrung mit dem Umgang eines Stockes hat. Es kann einem sogar Angst machen, wenn so ein wirbelnder Stock in die Nähe kommt. Dieses in Filmen gern genutzte Showelement erhöht jedoch eher das eigene Risiko die Kontrolle über die Waffe zu verlieren als damit den Gegner zu schlagen. Eine Waffe loszulassen muss einen entscheidenden Vorteil bringen, sonst ist das in einer Kampfsituation unsinnig und 

gefährlich.

Ein wichtiger Grundsatz beim Üben mit einem Stock ist anzunehmen, dass die Waffe stärker als der Körper ist. Der Körper ist der flexible Teil der Symbiose, der den starren Stock in seiner Bewegungsrichtung unterstützt. Um dies zu verinnerlichen wird manchmal eine Eisenstange zum Üben benutzt. Aufgrund der höheren Masse lernen wir schnell den Bo in seiner durch Trägheit bedingten Bewegungsrichtung zu unterstützen.

Damit das Ende des Stockes in Richtung Angreifer leicht ausgerichtet werden kann zeigen die Handflächen in gegenüberliegende Richtungen (Gegenseitiger Griff). Ein schulterbreiter Abstand zwischen den Händen hat sich ebenfalls als günstig für Schläge und Stöße erwiesen. Das Halten der Waffe orientiert sich rein an der favorisierten Strategie.

Kobudo-Stile unterscheiden sich nicht nur in den Kata, sondern verfolgen teilweise unterschiedliche Philosophien beim Halten und Führen des Stockes: Unter dem Arm oder am Unterarm anliegend, eher Stockgleiten oder häufiger Handwechsel, überwiegend mittiges Halten oder ein / zwei Drittel Aufteilungen.

Mit einem langen Stock sich ernsthaft selbst zu verletzen ist eher unwahrscheinlich, vor allem wenn der Stock die Hände nicht verlässt. Die gefährlichen Enden des Stockes können fast gar nicht gegen den eigenen Körper gerichtet werden und somit ist diese Verletzungsquelle nahezu ausgeschlossen. Bei akrobatischen Kunststücken, wie Hochwerfen, um die Hand drehen lassen, usw. steigt die Eigengefährdung etwas an.

Die Fremdgefährdung ist jedoch deutlich höher. Die Enden sind im Übungsfall häufig auf den Partner gerichtet und haben genügend Potential ernsthafte Verletzungen zu erzeugen. Der Kopf- und Halsbereich ist hierbei am meisten gefährdet. Bei Partnerübungen kommt es auch vor, dass versehentlich die Hand getroffen wird.

Autor … Gerhard Scheuriker

KOBUDO – ART 001